Geistlicher Impuls vom 27.03.2020 von Pfarrerin Fink-Fauser

Hoffnungszeichen: "Weizenkorn"
Bäcker sind zur Zeit sehr gefordert! Sie gehören zu den Läden, die unsere Grundversorgung sichern. Vielleicht haben Sie heute morgen ein leckeres Brötchen zum Frühstück gehabt? Oder ein Stück nahrhaftes Vollkornbrot? Damit Brot und Brötchen auf unseren Tisch kommen, ist einiges nötig! Ein Vers aus der Bibel erinnert uns an den Prozess, der dem Backen zugrunde liegt: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht." (Johannes 12, 24). Das Weizenkorn ist ein Hoffnungszeichen. Denn es erzählt von der Kraft der Verwandlung. Legt man ein unscheinbares Korn in die Erde, wächst daraus ein Halm, an der Spitze des Halmes bildet sich eine Ähre, die wiederum viele neue Körner enthält! Ein Lied in unserem Gesangbuch beschreibt diesen Prozess, und es deutet ihn auf unser eigenes Leben hin. Die erste Strophe des Liedes heißt: „Korn das in die Erde, in den Tod versinkt. Keim der aus dem Acker in den Morgen dringt. Liebe lebt auf, die längst erstorben schien: Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.“ Auch in unserem Leben erfahren wir manchmal solche Prozesse: wir müssen bestimmte Dinge loslassen, sozusagen in die Erde legen, damit etwas Neues entsteht. Im Normalfall sind die Prozesse gut zu bewältigen. Ich denke etwa daran, wenn wir eine Lebensphase hinter uns lassen. Wenn die Kinder aus dem Haus gehen, oder beim Eintritt in den Ruhestand. Da ist es wichtig, bisherige Lebensmuster zu überdenken, sich neu zu orientieren. Und dann kann Neues, Schönes wachsen! Im Augenblick erleben wir allerdings, dass wir ganz viel Gewohntes loslassen müssen. Und zwar in unserem Alltag. Die Struktur unserer Tage hat sich für viele komplett geändert. Einige Menschen verbringen die meiste Zeit des Tages in den eigenen vier Wänden. Im home-office, bei den Schulaufgaben, manche haben neu mit Stricken oder Nähen begonnen. Schmerzlich vermissen viele den Kontakt mit ihren Lieben - gerade Personen, die alleine leben, sind auf sich selbst zurückgeworfen. Es sind Einschnitte, die Menschen zum Teil schwer belasten. Wir hoffen, dass unser Verhalten Früchte trägt. Dass die Zahl der Neuinfektionen dadurch verlangsamt werden kann. Und wir erleben wir in diesen Tagen, dass auch viel Gutes wächst: Netzwerke der Hilfsbereitschaft entstehen an vielen verschiedenen Orten; Das Telefonieren erlebt eine neue Renaissance, alte Kontakte werden aufgefrischt. Zum ersten Mal seit langer Zeit sehen wir durch den shut down Industriegebiete Chinas und Italiens frei von Smog; viele Menschen machen die Erfahrung von Entschleunigung. Der bekannte Zukunftsforscher Matthias Horx spricht in seinem neuesten Vortrag die Hoffnung aus: „Wenn das Virus so etwas kann – können wir das womöglich auch? Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden.“ Ja, Vielleicht nutzen wir diese Zeit auch, um grundsätzlich zu fragen: Was brauchen wir? Wo ist etwas in eine falsche Richtung gelaufen? Was ist wichtig? Wir befinden uns mitten in der Fastenzeit, auf dem Weg hinzu Ostern. Jesus hat den Prozess der Verwandlung am eigenen Leib erfahren. Auch er ist das Korn, das in die Erde gelegt wird, damit neues Leben wächst. Leben für uns, Leben, bei dem die Liebe im Mittelpunkt steht! Lassen wir uns zu einem solchen Leben ermutigen! So, wie es die dritte Strophe unseres Liedes ausdrückt: „Im Gestein verloren Gottes Samenkorn, unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn. Hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien: Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün!“ 

Geistlicher Impuls von Pfarrerin Fink-Fauser                               20. 03.2020
„Wir bleiben in Verbindung!“ Öfter also sonst verabschiede ich mich zur Zeit mit diesen Worten von einem anderen Menschen. Ich habe das Bedürfnis, mich mit anderen auszutauschen, gemeinsam durch diese schwierige Zeit zu gehen! Allerdings müssen wir gerade ganz neue Formen finden, Gemeinschaft zu leben. Alle Veranstaltungen und Gottesdienste sind abgesagt, Restaurants und Geschäfte geschlossen, soziale Kontakte werden so weit wie möglich heruntergefahren. Das ist das Gebot der Stunde, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Zusammenhalten trotz Abstandhalten – das ist jetzt gefragt! Zusammenhalten trotz Abstand, Verbunden Sein trotz äußerer Distanz – das kennt auch die Bibel! Sie berichtet z.B. davon, dass die Anhänger Jesu auch nach Jesu Tod seine Nähe, seine Präsenz spürten. Wenn auch ganz anders als vorher! Jesus verwendet ein Bild, um diese Art von Verbundenheit auszudrücken: Er sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben, wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“ Bei den echten Weinreben ist es wichtig, dass sie mit ihrem Stamm, mit ihren Wurzeln verbunden sind. Ein Weinstock ohne Reben ist tot, und Reben wachsen und tragen Früchte nur am Weinstock. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“ Leben in Verbundenheit.

In der jetzigen Situation kann das bedeuten, dass wir mehr als sonst telefonieren. Oder dass wir über die sozialen Netzwerke intensiver miteinander kommunizieren. Ich empfinde es gerade als hilfreich, die verschiedenen Fragen und Sorgen, die mich umtreiben, auszusprechen: wie wird es weitergehen? Bleibe ich gesund? Was gibt mir Kraft, was schenkt mir Zuversicht? Was hilft mir in diesen Tagen? Was kann ich tun, um anderen zu helfen? Es tut gut, mit all diesen Gedanken nicht alleine zu bleiben, immer wieder ins Gespräch zu kommen. Ich bin auch beeindruckt, wie viele Menschen in diesen Tagen ihre Hilfe anbieten. Sie gehen für ältere Mitbürger einkaufen, führen den Hund aus, übernehmen eine Zeitlang die Kinder. Solidarität, gegenseitige Fürsorge sind in diesen Tagen wichtiger denn je! „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“. Das ist auch ein Bild für die Verbindung mit Gott, mit Jesus. Vielleicht erfahren wir diese Verbindung mit Gott im Gebet.
Seit gestern läuten in manchen Singener Kirchen um 19.00 Uhr die Glocken. Sie laden zum Hausgebet ein. Wir beten für alle Kranken und ihre Angehörigen, für die Ärzte und Pflegekräfte, für alle, die uns noch mit dem versorgen, was wir zum Leben brauchen. Auch wenn wir zuhause beten, verbindet uns der Klang der Glocken zu einer Gemeinschaft. Vielleicht erfahren wir die Verbindung mit Gott auch, wenn wir bewusst zur Ruhe kommen, unsere Antennen nach innen richten. In der Ruhe können innere Prozesse geordnet und neu gewichtet werden. Vielleicht erfahre ich sie, wenn ich die aufblühende Natur ganz bewusst wahrnehme. Wenn die zarten Blüten für mich zum Zeichen der Hoffnung werden. Bleiben wir in Verbindung! Vertrauen wir auf den Gott, der uns immer neu Hoffnung schenkt!

Ich möchte meinen Impuls mit einem Segenswunsch abschließen: „Ich wünsche dir einen an deiner Seite, der an dich glaubt, wenn du selbst nicht mehr weiterweißt; der weiterhofft, wenn die Welt dir finster erscheint; der bei dir bleibt, wenn du dich verloren fühlst. Damit du das Licht am Ende des Tunnels schon spüren kannst, auch wenn du es noch gar nicht siehst!“ Amen